Lateefah
Es herrschte ungewöhnliche Ruhe so früh am Morgen im Sumpf. Vereinzelt rief ein Käuzchen ein letztes Mal, bevor es sich zur Ruhe gab, ein großer Frosch ließ sein Quaken ertönen, doch sonst regte sich nicht viel. Selbst der Wind schwieg, sodass das Knarzen von Holz auf Holz sonderbar laut zwischen den eng stehenden Bäumen hindurch schallte. Wieder und wieder, ganz regelmäßig ertönte das Geräusch, stammte es doch von einem sich vor und zurück wiegenden Schaukelstuhl, welcher auf der Terrasse eines auf hohen Pfosten im Sumpf erbauten Hauses stand. Darin saß eine Frau, deren dunkle Haut sacht im Sonnenschein, der durch das Geäst auf sie herunter fiel, schimmerte und glänzte. Auf ihrem Schoß lagen dünne, weiche Weidenäste, die sie geschickt miteinander zu einem immer mehr Gestalt annehmenden Korb verflocht. Leise murmelte sie dabei, redete in einer melodisch klingenden Sprache scheinbar mit sich selbst, lachte hin und wieder sogar auf und schnalzte regelmäßig mit der Zunge als Zeichen ihrer guten Laune.
Morgen wie diese, ruhig und friedlich, wenn der Mann, der in der Nacht zuvor bei ihr gelegen hatte, längst schon aufgebrochen war, es Zeit für das Frühstück wurde, dies liebte sie besonders. Zufrieden konnte sie sich zurück lehnen, ihre Finger geübt ihr Werk verrichten lassen, ohne allzu sehr darüber nachdenken zu müssen, sodass sie ihren Geist schweifen lassen konnte, bis er an die Grenzen allen Seins zum Übergang ans Nichts stieß und dort verharrte, den schmalen Grad entlang wanderte, ihn jedoch nicht zu überschreiten wagte.
Ein sachtes Lächeln ließ sich auf Lateefahs Lippen finden, ehrlicher als so manches, das sie den Menschen schenkte, die den Weg zu ihr heraus in den augenscheinlich trostlosen und so wundersamen Sumpf fanden.